Emotionale Intelligenz

Was ist emotionale Intelligenz?

Bei der emotionalen Intelligenz (EI) geht es um den „intelligenten Umgang mit unseren Emotionen“ oder das „Nachdenken über unsere Gefühle, um unser Verhalten zu steuern“. Das gilt sowohl für uns selbst als auch für unsere Beziehungen. Zum Beispiel könnte eine Person, die Angst vor einer Präsentation hat, eine Atemübung machen, um sich zu entspannen. Oder ein Redner reagiert auf die vermeintliche Langeweile seiner Zuhörer, indem er sein Publikum stärker einbindet.

Es ist wichtig, dass wir uns unserer Gefühle und der Gefühle anderer bewusst sind, denn dadurch können wir besser auf uns selbst und andere reagieren. Der Autovergleich:  Ein Fahrer weiß, wie er die Leistung seines Fahrzeugs optimieren kann:

  • Er hält es instand (unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden)
  • Er hört auf den Motor (unser Körper und unsere Gefühle)
  • Er geht geschickt mit dem Fahrzeug um (unsere Gewohnheiten und unser Verhalten)
  • Er findet sich im Verkehr und auf den Straßen zurecht (unsere Wahrnehmung von anderen und unser Umgang mit ihnen)

 

Im Wesentlichen geht es bei der emotionalen Intelligenz darum, geschickt und effektiv mit uns selbst und unseren Beziehungen umzugehen.

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Was versteht man unter emotionaler Intelligenz?

In den letzten 25 Jahren hat die Forschung zur EI zwei unterschiedliche und gegensätzliche Wege eingeschlagen (Abbildung 1). Auf der einen Seite wird EI als eine Fähigkeit im Hinblick auf Höchstleistungen untersucht; auf der anderen Seite wird EI als eine Mischung emotionsbezogener Eigenschaften oder Kompetenzen in typischen Leistungssituationen beurteilt. Die typische Leistung bezieht sich darauf, wie wir uns die meiste Zeit verhalten, und wird in der Regel mit subjektiven Fragebögen zur Selbsteinschätzung gemessen. Im Gegensatz dazu bezieht sich die Höchstleistung auf die Leistung, die wir bei maximaler Anstrengung erbringen, und wird in der Regel mit objektiven, fähigkeitsorientierten Fragebögen gemessen. Dieser grundlegende Unterschied bei der Messung der EI könnte erklären, warum nur eine schwache Korrelation zwischen Fähigkeits- und gemischten bzw. eigenschaftsbezogenen Bewertungen der EI besteht.

Modelle der emotionalen Intelligenz

Das erste Modell der EI-Fähigkeiten wurde von Peter Salovey und Jack Mayer entwickelt, die vier EI-Fähigkeiten erkannten:

  • Emotionen wahrnehmen
  • Emotionen verarbeiten
  • Emotionen verstehen
  • Emotionen regulieren

 

EI-Modelle für die typische Leistung lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:

  • Kompetenzbasierte Ansätze, die emotionale und soziale Kompetenzen umfassen, welche zu einer effektiven Arbeitsleistung beitragen
  • Eigenschaftsbasierte Ansätze, die die emotionalen Aspekte der gängigen Persönlichkeitsmodelle umfassen
  • Verschiedene Ansätze, die ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten und Eigenschaften umfassen, welche sich sowohl mit den kompetenz- als auch mit den eigenschaftsbasierten EI-Modellen überschneiden können.
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Gemischtes EI-Modell

Eines der ersten gemischten EI-Modelle wurde von Daniel Goleman entwickelt und umfasste vier EI-Elemente:

  • Selbstwahrnehmung
  • Selbstregulierung
  • Empathie
  • Beziehungen

 

Eine Erweiterung dieses Ansatzes zur EI ist ein auf Einstellungen basierendes Modell, das einen unternehmensbezogenen Rahmen für die verschiedenen EI-Elemente bietet.

Talogy Emotional Intelligence Framework
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Warum ist emotionale Intelligenz wichtig?

 

Emotionale Intelligenz hat die Gesellschaft, die Politik, die Geschäftswelt und das Bildungswesen beeinflusst. Das Konzept begründet einen grundlegenden Wandel in der westlichen Welt, durch den mentales Wohlbefinden, Widerstandskraft, Anpassungsfähigkeit, Neurodiversität, mentale Gesundheit, Achtsamkeit und andere EI-bezogene Konzepte im beruflichen Kontext zum Standard geworden sind. In den letzten zwei Jahrzehnten hat das Interesse am Thema EI exponentiell zugenommen, auch getrieben von einer ständig steigenden Nachfrage seitens der Unternehmen. 

Es gibt viele Gründe, warum wir unsere emotionale Intelligenz weiterentwickeln sollten. Es ist erwiesen, dass: 

  • emotionale Intelligenz unsere Arbeitsleistung erheblich beeinflusst
  • sie unser Wohlbefinden verbessern kann
  • sie dazu beiträgt, unsere emotionale Resilienz zu stärken, sodass wir uns schneller von Enttäuschungen erholen können
  • sie unsere Motivation und unser Engagement steigern kann
  • sie unsere Beziehungen verbessern kann
  • sie uns auch zu effektiveren Führungskräften machen kann

Wie kann emotionale Intelligenz verbessert und entwickelt werden?

  • Um emotionale Intelligenz zu entwickeln, ist es wichtig zu verstehen, wie Menschen Emotionen verarbeiten, und wie die wissenschaftliche Sichtweise ist.

    Frühe Modelle in der Psychologie beschrieben menschliches Verhalten anhand des Reiz-Reaktions-Modells. Vereinfacht gesagt bedeutet das, eine Person reagiert auf etwas. Die modernere Psychologie und Neurowissenschaft haben uns jedoch gezeigt, dass es mehrere Zwischenschritte gibt, dazu gehören Gedanken, Gefühle und Einstellungen.

  • Hier ein Beispiel:

    Reiz: Stellen Sie sich vor, ein Kollege kritisiert die Arbeit eines anderen.

    Einstellung: Dies kann eine zugrunde liegende Einstellung triggern, die eine Person sich selbst gegenüber hat, z. B. „Ich bin nicht gut genug“.

    Gefühl: Dadurch wird derjenige möglicherweise aufgebracht oder wütend.

    Denken: Das wiederum kann die Person zum Nachdenken anregen: „Ich gebe auf. Warum sollte ich mich anstrengen, wenn die Leute mich nur kritisieren?“

    Verhalten: Die Person reagiert dann möglicherweise mit Rückzug oder Beleidigtsein.

    Ergebnis: Der Vorfall wird so wahrscheinlich zu einem negativen Ergebnis führen, z. B. zu einer Verschlechterung der beruflichen Beziehung.

  • Es ist wichtig, diese verschiedenen Stufen der Verarbeitung von Emotionen zu verstehen, weil es Menschen hilft, mit ihren Gedanken, Gefühlen und ihrem Verhalten umzugehen, und so mehr emotionale Intelligenz zu entwickeln.

    Reiz: Statt sich mit Menschen zu umgeben, die einen negativen Einfluss auf Sie haben, konzentrieren Sie sich auf Personen oder Situationen, die Ihnen positive Energie geben.

    Einstellung: Statt sich selbst zu kritisieren, konzentrieren Sie sich bewusst auf Situationen, in denen Sie Effektivität und Kompetenz zeigen konnten.

    Gefühl: Eine häufig angewandte Technik zur Veränderung des emotionalen Zustands und zur Beruhigung ist die Anwendung von Entspannungsübungen wie langsames, tiefes Atmen.

    Denken: Es gibt viele praktische Möglichkeiten, um negatives Denken zu reduzieren, z. B. Achtsamkeitstraining, körperliche Aktivität und positives Denken.

    Verhalten:  In Bezug auf das Beispiel könnte man, statt sich aus dem Konflikt zurückzuziehen, auch das Durchsetzungsvermögen in vergleichbaren Situationen trainieren.

    Ergebnis: Eine wirksame Methode, um Veränderungen herbeizuführen, besteht darin, sich ein anderes Ergebnis vorzustellen und positive Erwartungen zu formulieren.

     

Gibt es einen Zusammenhang zwischen emotionaler Intelligenz und Arbeitsleistung?

Dies ist eine der häufigsten Fragen von Unternehmen, die den Einsatz von EI in Erwägung ziehen:  Kann EI Leistung vorhersagen, und wenn ja, wird sie unsere bestehenden Assessment-Tools und -Prozesse verbessern? Diese Frage wurde im Laufe der Jahre in zahlreichen Studien untersucht, die den prädiktiven Wert der EI für die Arbeitsleistung in vielen internationalen Unternehmen belegen, darunter Amazon, BMW, Google, HSBC, Microsoft, Qatar Airways, Shell und Whitbread PLC, um nur einige zu nennen.

Noch aussagekräftigere Belege sind in mehreren Metaanalysen zu finden, die Daten aus veröffentlichten Einzelstudien zusammenfassen. Diese Metaanalysen zeigen, dass die gemischte bzw. eigenschaftsbezogene EI Kriterien für die Arbeitsleistung prognostiziert und ermöglicht, die Vorhersage der zukünftigen Arbeitsleistung zu verbessern, wenn sie mit Beurteilungen der Persönlichkeit und der kognitiven Fähigkeiten kombiniert wird.

Eine Studie beschrieb die Korrelationen mit der Leistung als „groß genug, um signifikante Einsparungen und Verbesserungen für Unternehmen zu erzielen, die EI-Bewertungen nutzen“. Eine andere kam zu dem Schluss, dass Fachkräfte die gemischte EI als „eine praktische, schnelle Alternative zu einer umfangreichen Zusammenstellung verschiedener traditioneller KSAOs (Wissen, Können, Fähigkeiten und andere Persönlichkeitsinstrumente) nutzen können“.

Insgesamt liefern wissenschaftliche Studien stichhaltige Beweise dafür, dass EI die Arbeitsleistung für eine Vielzahl von Rollen prognostiziert. Insbesondere für Rollen, die einen hohen emotionalen Einsatz erfordern (z. B. im Kundenservice, Verkauf und Management) scheint EI sehr relevant zu sein.

Steht die emotionale Intelligenz im Zusammenhang mit dem Wohlbefinden des Einzelnen?

Die Verbesserung des Wohlbefindens der Mitarbeiter:innen ist nicht nur auf moralischer, sondern auch auf finanzieller Ebene erforderlich. Die Kosten für eine schlechte mentale Gesundheit von Mitarbeiter:innen sind weltweit enorm und eine der Hauptursachen für langfristige Fehlzeiten.  Einem Bericht von Gallup zufolge fühlen sich vier von fünf Erwachsenen tagsüber gestresst, wobei die Arbeit eine der Hauptursachen ist.

Auch wenn die Förderung des Wohlbefindens der Mitarbeiter:innen als zusätzliche Ausgabe erscheinen mag, zahlt sich die Investition aus. Im Jahr 2017 ergab eine Studie mit fast 50 000 Geschäftseinheiten in 45 Ländern, dass Arbeitsgruppen, in denen Stressbewältigung gefördert wurde, ihren Umsatz um 10 % (auf 19 %) und ihren Gewinn um 14 % (auf 29 %) steigern konnten.

Die Entwicklung von EI hat sich als wertvolle Methode erwiesen, um Resilienz aufzubauen, Stress abzubauen und das Wohlbefinden zu steigern. Die Forschung zeigt, dass eine höhere EI positive Gefühle fördert, negativen Stimmungen entgegenwirkt und so zu mehr Wohlbefinden führt.

Eine umfassende Metaanalyse mit mehr als 19 000 Teilnehmern ergab einen starken Zusammenhang zwischen hoher EI und mentaler Gesundheit, psychosomatischer Gesundheit und in etwas geringerem Maße sogar körperlicher Gesundheit.

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Warum ist emotionale Intelligenz wichtig für die Führung?

Führung wird als ein sehr emotionaler Prozess beschrieben und es hat sich gezeigt, dass die Gefühle und das Verhalten von Führungskräften die emotionalen Reaktionen der Mitarbeiter:innen stark beeinflussen. Es gibt sehr viel unternehmensbezogener Literatur, in der die Bedeutung der Emotionalen Intelligenz für die Führung betont wird. Eine Metaanalyse mit 1 407 Führungskräften ergab, dass EI bei der Vorhersage der Arbeitszufriedenheit von Mitarbeiter:innen einen signifikanten Mehrwert gegenüber den kognitiven Fähigkeiten und den allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen der Führungskräfte darstellt. Sie empfehlen „die Integration von EI in Ausbildung, Schulung, Entwicklung… [and when making]… und beim Treffen von Personalentscheidungen“. In einer anderen Analyse wissenschaftlicher Literatur kam man zu dem Schluss, dass „emotionale Intelligenz ein wichtiger Treiber für effektive Arbeitsleistung und erfolgreiche Führung ist“.

Es ist allgemein anerkannt, dass die Führungskräfte von heute mit einer schnelllebigen, herausfordernden und oft unvorhersehbaren Arbeitsumgebung konfrontiert sind. Diese Bedingungen führen zu größerem Stress und verlangen von den Menschen, dass sie anpassungsfähiger, kreativer und emotional resilienter sind – alles Eigenschaften, die die emotionale Intelligenz widerspiegeln.

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