10 Argumente für den Einsatz von Assessment-Centern in Personalauswahl und -entwicklung

Geschrieben von Philippa Riley, Hauptberaterin für Produktentwicklung

Assessment-Center (ACs) haben eine lange Geschichte und werden in vielen Organisationen auf der ganzen Welt eingesetzt. Sie haben sich über Jahre hinweg als valide und faire Einstellungsprozesse bewährt, von denen sowohl Arbeitnehmer als auch Unternehmen profitiert haben. In den letzten Jahren haben jedoch einige Stimmen Zweifel an der Aussagekraft von Assessment-Centern als Beurteilungsmethode geäußert.

Welche Argumente sprechen dafür, dass ACs wirklich eine wirksame Methode zur Verhaltensbeurteilung sind? Was sind ihre Vorteile und warum sollten Sie sie in Ihrer Organisation oder bei Ihren Kunden einsetzen?

Was ist ein Assessment-Center?

Assessment-Center zeichnen sich durch den Einsatz mehrerer Simulationsübungen zur Bewertung arbeitsrelevanter Kompetenzen und Verhaltensweisen aus. Obwohl der Begriff „Assessment-Center“ allgemein verwendet wird, wird die Assessment-Center-Methode in Wirklichkeit für eine Vielzahl unterschiedlicher organisatorischer Zwecke eingesetzt, die von der reinen Bewertung ( d.h. nur eine Pass/Fail-Entscheidung ohne damit verbundene Entwicklung) bis hin zu reiner Entwicklung (ohne Pass/Fail) reichen.

Hier finden Sie 10 Argumente für den Einsatz von Assessment Centern in Ihrem Unternehmen:

  1. Leistungsvorhersage (Validität)

    Die Leistungsvorhersage (auch bekannt als „Validität“) einer Assessmentmethode ist das entscheidende Auswahlkriterium. Die Validität zeigt, ob eine Assessment das misst, was es zu messen vorgibt, und gibt an, inwiefern die Assessmentmethode die Leistung in einer bestimmten Rolle vorhersagen kann.

    Untersuchungen haben ergeben, dass Assessment-Center durchweg in der Lage sind, Arbeitsleistung vorherzusagen (Hermelin, Lievens und Robertson, 2007) und die Prädiktivität die kognitiver Tests und Persönlichkeitsassessments übersteigt (Krause et al., 2006). Daher erhöht der Einsatz der AC-Methode zusammen mit Tests der kognitiven Fähigkeiten und einem Persönlichkeitsfragebogen die Aussagekraft des Assessmentverfahrens in Bezug die zu erwartende Leistung signifikant.

  2. Fairness

    Es gibt zwar Belege dafür, dass die Assessment-Center fair sind, aber einige Studien haben dennoch das Potenzial für Verzerrungen in Bezug auf Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und Alter festgestellt – vor allem zwischen schwarzen und weißen Bewerbern (Dean et al., 2008). Folglich sollte die Fairness von Assessment-Centern nicht grundsätzlich vorausgesetzt werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass bei der Augsgestaltung Best-practice-Grundsätze beachtet werden. Relevante Faktoren in diesem Zusammenhang sind z.B. die Ausbildung und das Profil der Assessoren, die Art der Übungsanforderungen und der bewerteten Kompetenzen/Dimensionen.

  3. Warnehmung von Fairness

    Einer der Hauptvorteile der Assessment-Center-Methode besteht darin, dass die Bewerber die Methode als fair empfinden (face validity). Das subjektive Empfinden von Fairness führt zu einer Reihe zusätzlicher Vorteile: Es steigert die Wahrscheinlichkeit, dass das Angebot überhaupt angenommen wird und dass es weiterempfohlen wird. Darüber hinaus verringert sich die Wahrscheinlichkeit von Rechtsstreitigkeiten/Widersprüchen (Hausknecht, Day und Thomas, 2004).

    Die wahrgenommene Arbeitsplatzspezifität hat sich als besonders kritischer Faktor erwiesen, der die Wahrnehmung von Fairness beeinflusst (Gilliland, 1999). Ähnlich wie beim Konzept der „Face Validity“ geht es bei der „Job Relatedness“ darum, inwieweit ein bestimmtes Assessment als Messung von Informationen angesehen wird, die für die jeweilige Rolle relevant sind. Die Reaktionen auf ACs sind in Bezug auf dieses Kriterium besonders positiv, da sie eine Reihe von Aufgaben umfassen, die für die Rolle repräsentativ sind.

    Assessment Center erfüllen auch ein weiteres Kriterium der wahrgenommenen Fairness: die Möglichkeit, Leistung zu zeigen. Die Tatsache, dass die Kandidaten eine Reihe von Assessments durchführen, bedeutet, dass sie wahrscheinlich das Gefühl haben, ausreichend Gelegenheit gehabt zu haben, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten gegenüber den Assessoren und der Organisation zu demonstrieren.

  4. Einbeziehen von Interessengruppen

    Assessment-Center bieten eine einzigartige Gelegenheit, die wichtigsten Interessengruppen auf eine Weise einzubeziehen, die bei anderen Assessmentverfahren nicht möglich ist. Insbesondere können die Stakeholder in den Prozess der Arbeitsplatzanalyse, die Gestaltung der Aufgaben (oder die Auswahl der Aufgaben, wenn fertige Aufgaben verwendet werden), die Eröffnung und Positionierung des AC und in die Bewertung der Kandidaten einbezogen werden. Dieses Maß an Beteiligung beeinflusst die Akzeptanz des Prozesses und die Einstellung gegenüber ausgewählten Bewerbern positiv.

  5. Realistische Vorstellungen und Employer Branding

    Ein zusätzlicher Vorteil der Jobrelevanz von Assessment-Centern ist, dass sie den Bewerbern einen realistischen Eindruck von der Stelle vermittelt, was den Prozess der Selbstauswahl erleichtern kann. Wenn maßgeschneiderte Übungen eingesetzt werden, können diese auch ein Mittel sein, um Schlüsselelemente der Marke und der Werte eines Unternehmens zu vermitteln. Dies kann besonders wichtig für Organisationen mit starken Werten sein, oder wenn der organisatorische Kontext für die allgemeine „Passung“ einer Person mit der Rolle relevant sein könnte, z. B. wenn die Organisation im Verteidigungssektor angesiedelt ist (Pritchard und Riley, 2011).

  6. Qualität des Feedbacks und Einfluss auf Entwicklung und Onboarding

    Ein weiterer großer Vorteil der Assessment-Center-Methode ist das ausführliche Feedback, das man erhalten kann. Die Bereitstellung eines solchen ausführlichen Feedbacks kann eine Reihe von Vorteilen haben. Erstens kann es erfolglosen Bewerbern spezifische, verhaltensbezogene Informationen über ihre Stärken und Schwächen geben, und wenn man sich die Zeit nimmt, diese Informationen zu geben, wird die Wahrnehmung der Bewerber durch einen potenziellen Arbeitgeber verbessert.

    Zweitens: Das Feedback für erfolgreiche Bewerber kann dazu genutzt werden, den Onboardingprozess zu unterstützen und neue Mitarbeiter vom Zeitpunkt ihres Eintritts in das Unternehmen an an Entwicklungsressourcen und -möglichkeiten heranzuführen. Das ist im Vergleich zu einem begrenzten Entwicklungsfeedback sehr von Vorteil. Aus diesem Grund wird die AC-Methode in großem Umfang auch für Entwicklungszwecke eingesetzt.

  7. Verfälschte Ergebnisse

    Eine große Sorge im Zusammenhang mit Beurteilungen allgemein ist der Grad, in dem die Ergebnisse einer Person manipuliert oder durch Training verfälscht werden können. Die Forschung hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die Leistung in Assessment-Centern verfälscht werden kann. Es gibt nur wenige Untersuchungen in diesem Bereich, aber eine Studie, die das Impression Management in AC-Übungen im Vergleich zu strukturierten Interviews untersuchte, ergab, dass die Kandidaten in einer Rollenspielübung weniger wahrscheinlich Impression Management betreiben (McFarland, Ryan und Kriska, 2003). Es wird vermutet, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass sie einfach nicht über die psychologischen Ressourcen verfügen, um sich gleichzeitig auf das Spielen einer Rolle und die Beeinflussung ihres Verhaltens zu konzentrieren.

  8. Bewertung des Potenzials gegenüber der Leistung

    Assessment-Center bieten ein Mittel zur effektiven Potenzialbewertung. Während kompetenzbasierte Gespräche (über das Verhalten in der Vergangenheit) Aufschluss darüber geben können, was eine Person in der Vergangenheit getan hat, können Sie die Bewerber in ACs in Situationen versetzen, die sie vielleicht noch nicht erlebt haben.

    Dies ist besonders nützlich, wenn die Bewerber wahrscheinlich keine einschlägige Erfahrung haben. Ein gutes Beispiel hierfür sind Personen, die sich als Hochschulabsolventen auf eine Stelle bewerben und möglicherweise noch keine Berufserfahrung haben. Es ist auch nützlich, wenn Sie das Potenzial Ihrer bestehenden Mitarbeiter für höhere Positionen beurteilen wollen.

  9. Flexibilität und Integration anderer Tools

    Die Flexibilität der Assessment-Center-Methode wurde bereits im Zusammenhang mit der Anpassung an das aktuelle Arbeitsumfeld erwähnt. Auch in Bezug auf andere Technologien und andere Formen der Bewertung, die zusätzliche Informationen erheben (wie kognitive Fähigkeitstests, Persönlichkeitsfragebögen und Interviews), sind Assessment Center sehr flexibel.

  10. Kosten-Nutzen-Rechnung

    Obwohl ACs teurer sein können als andere Formen der Beurteilung, wurde der Nutzen der AC-Methode bei verschiedenen Anlässen in unterschiedlichen Kontexten nachgewiesen (Thornton und Potemra, 2010; Tziner et al., 1994), ebenso wie der zunehmende Nutzen der Assessment-Center-Methode gegenüber anderen Methoden. Auch wenn andere Methoden (wie z. B. kognitive Fähigkeitstests) eine höhere Validität und geringere Kosten aufweisen, schneiden die ACs unter Berücksichtigung der geringeren negativen Auswirkungen der Assessment-Center-Methode positiv ab.

    Auf einer eher qualitativen Ebene gab es Erhebungen, in denen die Befragten gebeten wurden, anzugeben, wie sie die das Kosten-Nutzen-Verhältnis ihrer Assessment-Center einschätzen – eine dieser Erhebungen ergab, dass 97 % der Befragten dieses für positiv hielten (Hughes et al., 2012).

Quellen:

Dean, M.A., Roth, P.L., und Bobko, P. (2008) Ethnische und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Bewertung von Assessment Centern: Eine Meta-Analyse Journal of Applied Psychology, 93, 685-691.

Gilliland, S.W. (1993) Die wahrgenommene Fairness von Auswahlsystemen: Eine Perspektive der organisatorischen Gerechtigkeit. Academy of Management Review, 18, 694-734.

Hausknecht, J. P., Day, D. V., & Thomas, S. C. (2004). Reaktionen von Bewerbern auf Auswahlverfahren: Ein aktualisiertes Modell und eine Meta-Analyse. Personalpsychologie, 57, 639-683.

Hermelin, E., Lievens, F. und Robertson, I.T. (2007) The validity of assessment centres for the prediction of supervisory performance. International Journal of Selection and Assessment, 15, 405-411.

Hughes, D., Riley, P., Shalfrooshan, A., Gibbons, A. und Thornton, G. (2012) A Global Survey of Assessment Centre Practices: Ein Forschungsbericht von a&dc und der Colorado State University.

Krause, D.E., Kersting, M., Heggestad, E.D. und Thornton, G.C. III (2006). Inkrementelle Validität von Assessment-Center-Bewertungen gegenüber kognitiven Fähigkeitstests: A study at the executive management level International Journal of Selection and Assessment, 14, 360-371.

McFarland, L. A., Ryan, A. M., & Kriska, S. D. (2003). Einsatz und Wirksamkeit von Impression Management bei verschiedenen Beurteilungsmethoden. Zeitschrift für Management, 29, 641-661.

Pritchard, S. und Riley, R. (2011) Fit For Purpose? Considerations when using ‚Off-the-shelf‘ versus ‚Customised‘ Simulation Exercises in N. Povah and G.C. Thornton III Assessment Centres and Global Talent Management, Gower.

Schlebusch, S., & Roodt, G. (2008). Assessment-Center: Wachstumspotenziale erschließen. Selection (S. 243-264). Blackwell Publishing.

Thornton, G.C. III und Rupp, D.E. 2006. Assessment Centers im Personalmanagement: Strategies for Prediction, Diagnosis and Development. Mahwah, NJ, Lawrence Erlbaum Associates.

Thornton, GC III und Potemra, M. 2010. Nützlichkeit eines Assessment Centers für die Beförderung von Polizeibeamten. Öffentliches Personalmanagement, 39, 59-69.

Tziner, A., Meir, E. I., Dahan, M., und Barati, A. (1994) An investigation of the predictive validity and economic utility of the assessment center for the high management level. Canadian Journal of Behavioural Science, 26, 228-245.